Dienstag, 30. September 2014

Beruhigen Sie sich!

Wenn ich als ursprünglicher Dörfler in meine Heimat fahre, dann freue ich mich vor allem immer auf drei Dinge: 1. meine Familie (inklusive Essen von Oma), 2. die überdimensionierte, aber umfangreich ausgenutzte Film-Leinwand meines Vaters und 3. die mittlerweile regelmäßigen, aber deshalb nicht minder wichtigen Waldspaziergänge.

Und gerade diese Spaziergänge haben es mir besonders angetan, weil ich diesen Platz und diese Ausgelassenheit in der Stadt nicht mehr gewöhnt bin, sich meine Persönlichkeit aber genau innerhalb eines solchen Rahmens entwickelt hat. Hey, ich habe sogar einen langsamen Film über meine Heimat gedreht, weil ich die Umgebung so sehr mag. Jedoch bemerke ich, dass diese Ruhe, die früher allgegenwärtig gewesen ist, mir heute mehr und mehr entgleitet.

Aber eigentlich lüge ich mir selbst etwas vor, wenn ich davon spreche, dass ich früher sehr viel mehr Ruhe in meinem Leben hatte. Das stimmt nicht. Jedenfalls zum Teil nicht. Ich war schon immer sehr enthusiastisch, wenn es darum ging, etwas umzusetzen, was mich bewegt. Dennoch war früher etwas anders. Und zwar gab es damals noch diesen Gegenpol zu meiner Wildheit, eben eine Ruhe in der Natur, in den Wäldern, nach der ich mich heute sehne, wenn ich beobachte, wie sich meine energische Persönlichkeit kaum gewandelt hat, aber ihre Umgebung zusätzlich vor Energie fast platzt.

Autos rasen mit aufheulenden Motoren vorbei, drängelnde Menschengruppen hasten über die Gehwege, Türen werden aufgerissen und wieder zugeschmissen. Alles bewegt sich, alles möchte irgendwo hin. Kein Ausweg, kein Platz, um sich davor zu verbergen, wenn man nicht dazu fähig ist, sich von seiner Umgebung abzukapseln. Das Leben in der Stadt ist eben schnell, schneller, am schnellsten. Und wenn ich ehrlich bin, habe ich damit nicht einmal ein großes Problem, denn diese Geschwindigkeit hat ja auch ihre gute Seite. Ich erlebe in nachvollziehbaren Schritten, wie sich Gebäude und Menschen teilweise grundlegend verändern. Und das gefällt mir.

Aber mir fehlt dennoch dieser andere Teil. Wenn ich in meiner Heimat durch die Wälder wandere, fällt mir auf, dass ich mich kaum noch von der Stadtgeschwindigkeit trennen kann. So schnell wie möglich wieder nach Hause. Aber warum bin ich dann überhaupt erst in den Wald gegangen? Ich spüre, wie ich die Stadt und ihr Tempo mag, aber gleichzeitig auch, wie ich dadurch die Ruhe und Gelassenheit des Dorfes verliere, die mir wahrscheinlich wesentlich mehr geben könnten, aber deren Auswirkungen für mich nur noch bedingt vorhanden sind.

Ich möchte Spaziergänge nicht mit dem Ziel im Kopf beginnen. Ich möchte Städte, die sich wesentlich mehr Gedanken über den Zusammenhang zwischen Natur und Wohnraum machen (nicht einfach nur Parks bauen und darauf verweisen). Ich möchte mich beruhigen.

1 Kommentar:

  1. Du solltest dir jemanden suchen, dem du Herausforderungen stellen kannst, vielleicht ist er bekloppt genug, sagen wir zB in einem See schwimmen zu gehen... oder wenigstens Barfuß durch einen Tümpel zu waten :P

    Aber dem Ernst der Sache zugewandt, verstehe ich was du sagen möchtest, mir geht es da ähnlich:
    Die Täglichen Spaziergänge durch das Feld der ansässigen Bauern, nur Marlowe, vielleicht etwas Musik und ich. Eine gemütlichere Ruhe und Möglichkeit runter zu kommen und über alles was einen beschäftigt zu reflektieren kenne ich nicht.
    Jedoch habe ich in der Großstadt, trotz dass es keine Felder samt klaubaren Maiskolben gibt, mir diese Ruhemöglichkeit gesucht und gefunden. Gerade eine Großstadt ist wie ein gigantischer Wald, voller Stein und verschiedensten Pfaden, denen man zuvor noch nie begegnet war.
    Also ist es inzwischen eine Selbstverständlichkeit mich auf meinem Weg zur Arbeit anzutreffen, die Umwelt belustigend, da es mich einen Dreck kümmert wie ich aussehe, wenn ich laut meine gehörte Musik mitsinge, meine Gedanken mich Grimassen ziehen lassen oder ich einfach in einer Abenteuergeschichte stecke.
    Die Ruhe, die du suchst, steckt nicht in den Bäumen, auch wenn diese sie verstärkt ausstrahlen, sie steckt in dir, deiner Phantasie und deinem Willen dich treiben zu lassen, von Eindrücken, Geräuschen und der teils wuseligen, teils ruhigen Umwelt um dich herum.
    Die Freiheit, die du suchst, kommt aus dir, im Wald sieht dich keiner, verurteilt dich keiner, du bist für dich, in der Stadt wirst du beobachten, kannst beobachten, der Zauber liegt nun darin sich nicht aus den Konzept bringen zu lassen, sollte man beobachtet werden, sondern einfach das zu tun, was einem gerade durch die Adern schießt und wild an die Gehirnwindungen Klopft! Geh durch den Steinwald, erobere ihn und atme tief seine schwere Luft ein, welche spätestens, solltest du weg ziehen, dich sie schmerzlich vermissen lässt und du erneut etwas vermisst, da es im Moment nicht mehr präsent ist.

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